Reiseziele 5 – wie schnell wir reisen

2018-03-16T17:59:47+00:00 3 April, 2013|2013, Cuba|

Vor drei Jahren haben wir in Griechenland die spanischen Weltumsegler Miquel und Dora von der OCEANOVI kennengelernt. Da haben wir zum ersten Mal geahnt um was es bei der Formulierung des Reisezieles wohl gehen könnte. Wissensbegierig fragten wir was sie denn “das nächste Mal” anders machen würden. “Wir würden uns mehr Zeit nehmen” war die Antwort. Es war das Jahr 13 ihrer Weltumseglung.

Trotzdem fuhren wir in unserem ersten Segeljahr noch quasi im Schnellzug. Die klassische „Barfuss-Route“ führte uns via Kanaren in die West Indies. Westafrika, Kapverdische Inseln und Brasilien liessen wir unbedacht aus. Doch in Trinidad haben wir dann abgebremst. Anstelle dem schnellen Durchsegeln nach Panama sind wir nun nach Kuba abgeschwenkt. In die Nebenstrasse eingebogen, um zu sehen was es da sonst noch so gibt. Uff, und wirklich: Zuerst Haiti, und jetzt Kuba hinterlassen tiefe Eindrücke.

Vielleicht verhalten wir uns nun eher wie John Ruskin, der 1871 schrieb: “Ein mit hundert Meilen pro Stunde vorgenommener Ortswechsel macht uns kein Jota besser, glücklicher oder gescheiter. Die Welt enthält immer mehr, als der Mensch sehen kann, und ginge er auch noch so langsam; er wird sie nicht besser erkennen, wenn er schnell geht. Die wirklich kostbaren Dinge sind Reflexion und Anschauung, nicht Geschwindigkeit. Es tut einer Kugel nicht gut, wenn sie sich schnell fortbewegt, und es schadet einem Menschen nicht, wenn er wirklich ein Mensch ist, sich langsam fortzubewegen, denn nicht die Bewegung zeichnet ihn aus, sondern das sein.”

Vielleicht gefällt mir als ehemaliger beruflich bedingter Vielflieger das Segeln so, weil es eine fast unanständig langsame Art des Reisens ist. Im Zeitalter von Airbus und TGV bewegt sich der Segler mit Pferdekutschen – Geschwindigkeit. Der Vielflieger hingegen würde sich am liebsten von einem Ort zum andern beamen. Er hasst jegliche Verspätungen und Ablenkungen. Egal ob da Alpenglühen, Sonnenuntergänge oder andere Katastrophen stattfinden; man sitzt aisled und nicht window. Dasselbe Taxi, dasselbe Gate, derselbe Sitzplatz, dieselbe Stewardess, dasselbe Hotel. The same procedure as every year. Unplanmässiges ist Horror. Als Segler jedoch das Programm.

Drei Monate für 600 Meilen Südküste Kuba ist ja nun wirklich nicht gerade schnell. Andere segeln das locker in einem zweiwöchigen Charter. Doch um ein so komplexes, andersartiges Land wie Kuba zu verstehen natürlich immer noch viel zu flüchtig. Unser Plan erlaubt aber immerhin Unplanmässiges: Der Hafenkapitän singt Boleros vor seiner geschiedenen Frau, wir steigen Nachts auf Leuchttürme, tauchen zu den Seesternen, träumen von Jogurts und lassen Fidel in der Schweinebucht fischen.

Im ersten Blog der Miniserie habe ich davon geschrieben, dass schliesslich schon Kolumbus nach Indien wollte. Vielleicht liegt im möglichen Scheitern die eigentliche Essenz des Weltmseglerdaseins. Wie langweilige wäre es doch, wenn wir einfach in wenigen Monaten um die Welt sausen würden. Ohne Stürme, Strömungen, Wellen, ohne Immigrationsbeamten, ohne Falschverstandenes und Gutgemeintes. Paul Valery sagte es so: „Der Wind erhebt sich! … Leben: Ich versuche es!“.

 

3 Comments

  1. Susanne Donnerstag, der 4. April 2013 um 14:12 Uhr - Antworten

    Schade ist das schon das Ende eurer Betrachtungen über Destinations. Sie sind sehr wohltuend, diese Nachrichten aus einem scheinbar anderen Universum, wo noch Musse ist zum Sinnieren.

  2. antonio Donnerstag, der 4. April 2013 um 14:26 Uhr - Antworten

    perfectamente de acuerdo con vosotros
    besos
    antonio y corine

  3. Kurt & Katharina / Flor do Mar Sonntag, der 7. April 2013 um 17:37 Uhr - Antworten

    Der Weg ist das Ziel: dies ist die beste Devise beim Segeln. Wir beglückwünschen euch. Wir freuen uns an den informativen Schilderungen der Umstände und an den philosophischen Betrachtungen! Muchas Gracias!

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