Von Entdeckern und Eroberer

2018-03-16T16:23:38+00:00 10 November, 2013|2013, Guatemala|

So einfach war das doch. Draussen schaukelte die prunke, goldverzierte Galeere  sanft in den leichten Wellen der Morgenbrise. Währenddessen ruderte man – vier Matrosen und der Kapitän in blauer Uniform – an den Strand.  Ausser ein paar frechen Papageien wagte sich niemand aus dem mit dichten Palmen besetzten Urwald. Also waren die Wilden heute gerade nicht zuhause. So schlug man dann das grosse Holzkreuz in den unbefleckten Sandstrand (der Jahrhunderte später dann das Titelbild des TUI – Reiseprospekt zieren sollte).

In einer kurzen, doch den Umständen entsprechend durchaus andächtigen Zeremonie nahm man die Insel im Namen der spanischen Könige und der katholischen Kirche feierlich in Besitz. Man taufte sie – einfallslos wie man war – beispielsweise „Domingo“. Weil gerade Sonntag war. Naja, immerhin besser als „Neukleinhünigen“ oder „Zuliebemeinerdoofenschwiegermutterzuhause“. Dann liess Don Kolumbus sich wieder zum Schiff zurückrudern. Es gab ja noch so viel zu tun. Am Horizont zeichnete sich schon die nächste Insel ab (…und morgen war ja schon Montag). Entdecker zu sein war ein gestrenge Profession und so sollte man sich ja nicht unnötig in Details verzetteln.

Derweilen ging das Leben auf der anderen Inselseite wie eh und je gemächlich weiter. Maiskuchen wurden gebacken, Kinder gestillt, Kokosnüsse aufgeschlagen. Ein Tag wie jeder andere und keiner ahnte im kleinen Dorf, dass sie soeben als ungläubige Wilde Weltgeschichte machten und Teil von Spanien geworden waren. Das war ja auch nicht wirklich wichtig, denn es sollte noch Jahre dauern bis wieder ein so grosses Schiff anlanden sollte.

In Guatemala – wie an fast allen anderer Orten „in Übersee“ –  waren die nachfolgenden Anlandungen dann jedoch von ganz anderer Natur. Vielleicht war die überhebliche Arroganz dieselbe. Doch die nun nachfolgenden ERROBERER setzten den ersten symbolischen Akt nun brutal und rücksichtslos in Tat um. Ohne das geringste Interesse an lokalen Kulturen, Sprachen und Besitzverständnissen wurden in Guatemala die Maya’s kurzerhand als Sklaven genommen. In den Silberminen und später auf den Zuckerrohr – Plantagen durften sich fortan zum Wohle der überlegenen Rasse zu Tode zu schuften. Nichts liess die Gier bremsen solange man genug Gold und Silber nach Cádiz bringen konnte.

Viele Jahrhunderte später entdecken wir bei unserem hurrikanbedingten ausgedehnten Aufenthalt in Guatemala  an allen Ecken und Enden Zeichen der spanischen Kultur. Die Gräueltaten sind ja schon lange vorbei. So freuen wir uns ab dem  „patio sevillano“, Stadtplanungen im Raster wie in Barcelona und alt bekannten Baumaterialien wie hidráulicos, und vieles mehr. Und natürlich die Sprache. Español, Castellano. Zudem sind hier fast alle entweder Barça oder Real – Fans. Und oft sind wir sogar fast etwas stolz, dass wir Spanier es soweit gebracht haben. So viel eigene Kultur fern ab der Heimat.

Nur ganz vereinzelt taucht dann plötzlich ein schales Gefühl im Bauch auf. Irgend so eine unbedachte Nebenbemerkung am Nebentisch. Oder als uns im Castillo San Felipe in Rio Dulce der Guide von der Geschichte des Landes erzählt und mit einem erleichterten Ton davon berichtet wie die Maya’s es nach Jahrhunderten geschafft haben den König Felipe endlich wieder aus dem Land zu vertreiben. Da spüren wir: Niemand hat uns gebeten zu kommen. Niemand hat sich gewünscht, dass wir den vermeintlichen Fortschritt ins Land bringen. Statt Stolz ist Reue gefragt.

NACHBEMERKUNG

Und  damit sich hier niemand rettet: die Engländer, Holländer, Franzosen und Katalanen waren um keinen Deut besser. Es wurde gemodert, versklavt, ausgetilgt. Ein paar wenige Mönche,  und Wissenschaftler wie Humboldt oder Darwin sind bloss die Ausnahme der Regel.

Und ich? Plötzlich bin ich dann wieder gerne Schweizer. Aber vielleicht es ja bloss Feigheit. Was ja historisch gesehen durchaus auch ein Wesenszug der Schweizer ist.

 

 

 

One Comment

  1. kika Mittwoch, der 13. November 2013 um 14:20 Uhr - Antworten

    Hans pronto podrás escribir un libro de historia. Piénsatelo.
    Un abrazo para los dos

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