Trasatlántico Tag 12 – für Nico

2018-03-19T05:54:27+00:00 17 Dezember, 2011|2011, Atlantic crossing|

Das leuchtende Sternchen

Wir segeln nun ja schon seit Tagen mitten im Atlantik. Tief unten am nördlichen Firmament ist seit kurzem das Sternzeichen Starion auszumachen. Wie ihr alle wisst besteht es aus fünf Sternen. Ganz oben der vorauseilende Marqueso, etwas weiter unten die warm und umsorgend flunkernde Carina, gleich daneben die lustig hüpfende Anastasia, und ganz am unteren Ende, nahe am Horizont die kleinsten Beiden: Der Finistrello und der Nicoletto. Wie so oft schaute Nicoletto auch an diesem Abend hinaus ins grosse Firmament, die Milchstrasse und auch alle anderen Millionen von Sterne. Alle glänzen, brillieren, flunkern. Ein Stern versucht den anderen zu übertreffen. Was für ein Spektakel! Nur ihm selbst, dem kleinen Nicoletto, so schien es ihm, wollte dies einfach nicht so recht gelingen. Er ist zwar eigentlich ein ganz lustiger kleiner Kerl. Aber trotzdem, zu klein und viel zu blass. „Warum, mein Gott, strahlen alle so toll und nur ich nicht?“ fragte er sich wie jeden Abend. Selbst sein Bruder Finistrello schien ihm viel intensiver zu leuchten. Traurig liefen ihm beim Eindunkeln grosse Tränen über sein kleines Gesicht. Mama Carina versucht ihn aufzumuntern. „Aber Nicoletto, Du bist noch klein und Du wirst sehen, in ein paar Jahren wirst auch Du strahlen wie Anastasia, Finistrello oder all deine anderen Kameraden aus dem Sternchengarten.“ „Ja Mama, ich weiss schon“ schluchzte er dann btterlich, „aber ein Stern, selbst das kleinste Sternchen am Himmel, muss doch LEUCHTEN. Sonst ist er kein Stern und wird es nie und nimmer werden“. Und Mami Carina nahm ihn Abend für Abend in die Arme und traurig schluchzend fiel er so in den Schlaf.

Doch eines Abends, nachdem sich seine Mami auf Zehenspitzen hinausgeschlichen hatte und ihn schon am träumen wähnte, beschloss er dies ein für alle mal zu ändern. Irgend jemand in diesem grossen Himmel müsste doch wissen wie man richtig leuchten kann. Mit Znünitäschli, Mütze und Wanderstöckchen machte er sich auf den Weg. Kräftigen Strittes ging er mit seinen kleinen Beinchen voran. Und schon bald hörte er ein schwach sich näherndes Sausen. „Richtig, da kommt ja der Astroipilis angesaust“. Schon oft hatte er von ihm gehört, es soll einer der weisesten Astroiden der Milchstrasse sein. „Astroipilis, Astroipilis“ rief er ihm rüber. „Ja, mein kleiner Nicoletto“ säuselte dieser zurück, „was machst Du denn so ganz alleine hier draussen?“ „Lieber Astroipilis, ich suche jemand, der mir zeigt wie ich richtig leuchten kann“. „Haa, Nicoletto, das ist doch ganz einfach. Sause einfach ganz schnell voran, und schon leuchtest Du ganz stark“ „Ja, aber„ sagte dann Nicoletto, „ich bin doch ganz klein und kann nicht schneller gehen“. „Ohhh ja, da hast Du wohl recht. Aber ich weiss sonst auch keinen Trick. Aber frag doch mal Grossvater Jupiter. Ich glaube der hat mal so eine Leuchtfarbe gebraucht, vielleicht kann er dir weiterhelfen.“ So machte sich Nicoletto erneut auf den Weg. Endlich kam er dann um die Ecke und sah vor sich Grossvater Jupiter. „Grosspapi Jupi, Grosspapi Jupi, ich bin der kleine Nicoletto von Starion. Ich möchte Dich etwas Fragen wenn ich darf“. „So so, das kleine Sternchen Nicoletto also. Ganz alleine. Hmmmm, also, wo drückt dich der Schuh?“. „Grosspapi Jupi, Astroipilis hat mir gesagt Du hättest eine Leuchtfarbe. Ich bin so klein und schwach, und vielleicht gibst Du mir ein wenig davon damit ich auch ein richtiger Stern werde.“ „Leuchtfarbe?“ brummelte Jupiter „die habe ich doch schon vor Millionen Jahren aufgebraucht als ich meinen Ring gemalt habe. Fa blieb schon noch was übrig, aber nun sind alle Töpfe ausgetrocknet. Tut mir wirklich Leid, da kann ich Dir nicht helfen“. Nicoletto stand mit Tränen in den Augen da. War es zu glauben? So weit war er schon gegangen, und niemand wusste Hilfe. „Aber kleiner Nicoletto“ brummelte Grosspapi Jupi „weinen hilft nichts, aber frag doch mal den Schleier-Stern, der kommt doch schon bald hier vorbei“. Und richtig, etwas später kam er tatsächlich angeflogen. Gross leuchtend flog er dahin, und zog wie einen langen Schweif hinter sich her. „Schleier-Stern, Schleier-Stern. Ich möchte Dich fragen ob Du mir helfen kannst“. „Oioioi, wer quietscht denn da so ungeduldig?“ rief Schleier-Stern zurück. „Ich bin der kleine Nicoletto und suche jemand der zeigt wie man richtig zu leuchten kann“. „Ja, weißt Du, Nicoletto. Ich mach dies mit meinem Schweif, aber der ist fest an meinem Körper angemacht und wenn ich da einfach eine Feder ausreissen würde, dann würde mir das fürchterlich weh tun“. Ja, das wollte nun aber Nicoletto wirklich nicht. Aber wurde darüber noch viel trauriger. Niemand, gar niemand, schien ihm helfen zu können. Völlig sinnlos, dass er da losgetrottet war in die kalte, schwarze Nacht hinaus. Und vielleicht müsste er so oder so wieder nach Hause, was würde Mami Carina nur denken wenn er morgens nicht im Bett liegen würde? Er musste ja niemandem von seinem verunglückten Ausflug erzählen. So machte er sich schleunigst auf den Weg. Wieder zurück zum Grosspapi Jupi, dann weiter bei der Abzweigung nach links. Aber verflixt. Das sah ja ganz anders aus. Ohhhh, vielleicht doch nach rechts? Hatte er sich am Ende in der stockdunkeln Nacht noch verlaufen? Plötzlich hörte er ein tiefes Grollen hinter sich. Erschrocken begann er so geschwind wie er konnte zu rennen. Doch es kam immer näher. Es konnte doch nicht wahr sein. War das allenfalls das Schwarze Loch von dem ihm Mami Carina immer gewarnt hatte? Das kleine Sternchen einfach so mir nichts dir nichts aufschluckt und lebend verschlingt? Es brummte immer bedrohlicher, immer näher. Nicoletto zitterte am ganzen Leibe und versuchte noch schneller zu rennen. Und als er schon fast dachte das Geröhre sei bei ihm, da im letzten Moment sah er ein schwaches Leuchten vor sich. Jaaaaaaa! Das konnte doch nur sein Brüderchen Finistrello sein. Und mit letzter Energie sprang er hinein ins rettende Starion. Uff, war das knapp! Hier war alles noch ganz ruhig, obwohl draussen noch immer das Röhren und Brummen des schwarzen Loches zu hören war. Zum Glück hatte niemand bemerkt dass er weg war. Niemand konnte also von seinem erfolglosen Unternehmen was wissen und ihn damit noch hoch nehmen. Erschöpft legte er sich in sein Bettchen und viel sofort in einen tiefen Schlaf. Nur wenig später weckte Mami Carina ihre beiden Söhnchen. „Aber Nicoletto“, du zitterst ja am ganzen Körper! Bist Du krank geworden?“ Nein nein, Mami“ antwortete er schnell. „Aber was ist denn los?“ insistierte Mami. Da liefen ihm kullergross die Tränen über die Augen und schluchzend erzählte er alles. Vom sausende Astroipilis, Grosspapi Jupis ausgetrocknete Leuchtfarbe, der Schweif-Stern der nichts ausreissen wollte. Und vom schrecklichen schwarzen Loch. Mami Carina hörte ihm mit grossen Augen verständnisvoll zu. Was für einen mutigen Sohn sie doch hatte! So klein und schon ganz alleine durch die grosse weite Nacht. Finistrello und Anastasia kamen mit verschlafenen Augen dazu und hörten mit. „Ohhh, das alles hat unser kleiner Nicoletto ganz alleine erlebt. Was für ein mutiger Kerl!“ „Ich hätte geschrien wie am Spiess“ piepst Anastasia, „so schnell hätte ich nie rennen können“ ruft Finistrello. Dann kam auch Papi Marqueso dazu. Bedächtig hörte er zu. „Lieber Nicoletto. Du bist doch ein prächtiger Bursche geworden. Ein richtiger Stern! Was bin ich doch stolz auf dich! Aber fertig nun mit diesen Geschichten. Zieh das Pyjama aus und ab in den Sternchengarten. Es ist ja schon fast neun.“ Nicoletto, froh dass er keine Schelte gekriegt hatte, und dass ihm alle so interessiert zuhörten, zog sofort das Pyjama aus. Verwundert schaute er runter zu seinem Bauch, zu den Händen, zu den Füssen. Konnte es sein? Oder irrte er sich? Nein. Nein. Seine Augen täuschten sich nicht. Unzweifelhaft. Denn ein kräftiges, warmes Leuchten – wie er es noch nie gespürt hatte – entsprang seinem ganzen Körper.

Für Nico, mein lieber Göttibube

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